Das pädagogisch-psychologische Wissen und die beraterisch-therapeutischen Möglichkeiten nehmen rasant zu. Daher sollten bei wichtigen Erziehungsfragen (z.B. 'Wie bereiten wir uns und die Kinder auf eine Elterntrennung vor?') oder sobald mehrere Erziehungsprobleme auffallen (z.B. sehr viel Geschwisterstreit und Aufmerksamkeitsprobleme in der Kindertageseinrichtung) frühzeitig die spezialisierten Erziehungsberatungsstellen aufgesucht werden.
Es gibt in Deutschland mehr als 1000 Erziehungsberatungsstellen, an denen insbesondere speziell weitergebildete SozialpädagogInnen und PsychologInnen tätig sind. Die Erziehungsberatung wird von verschiedenen Beratungsstellen kostenfrei angeboten. Die gesetzliche Grundlage in Deutschland ist der § 27 Kinder- und Jugendhilfegesetz/SGB VIII im allgemeinen, und der § 28 SGB VIII im speziellen. Ratsuchende Eltern, Kinder und Jugendliche, aber auch Erzieher und Lehrer können sich unmittelbar an eine Beratungsstelle vor Ort wenden. Die Beratung ist persönlich, vertraulich und kostenfrei.
Ein Schwerpunkt in der praktischen Arbeit ist die Beratung von Personensorgeberechtigten bei Trennung und Scheidung und die Beratung von Alleinerziehenden. Sehr häufig wird auch bei auffälligem Sozialverhalten und bei Aufmerksamkeitsproblemen von Kindern Erziehungsberatung in Anspruch genommen. Die Erziehungsberatung ist immer vertraulich; die Berater unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht. Jugendliche können sich auch selbständig an die Beratungsstellen wenden. Sie haben gem. SGB I ab 15 einen Rechtsanspruch darauf; auch jüngere sollen ggf. anonym und verschwiegen beraten werden. Die Aufgabe "Jugendberatung" ist eigentlich Teil des SBG VIII, § 11- Jugendarbeit, wird aber dort als "Kann-Bestimmung tatsächlich nicht umgesetzt, die Jugendämter geben Kostengründe an.
Außerdem bieten viele Erziehungsberatungsstellen präventive Leistungen, wie z. B. Elternabende in Kindertagesstätten oder Elterntraining an.
Von den Hilfen zur Erziehung ist die Beratung das niedrigschwelligste Angebot. Im Gegensatz zu den meisten anderen Hilfen zur Erziehung, wie soziale Gruppenarbeit oder Erziehungsbeistand richtet sich das Angebot vornehmlich an die Personensorgeberechtigten.
Im Jahre 2004 wurden ca 305.000 Beratungsfälle gezählt. Seit 1994 entspricht dies einer Steigerung um 41%. Etwa 177.000 Beratungen betrafen Schulkinder im Alter von 6 - 14 Jahren. Die Hilfe kann Information, Beratung, Therapie und Kooperation mit anderen Einrichtungen umfassen und wird mit den Ratsuchenden unmittelbar vereinbart. Die Erziehungsberatungsstellen erbringen darüber hinaus jährlich mehr als 10.000 Angebote der Familienbildung.
Im Land Berlin heißen diese Einrichtungen "Erziehungs- und Familienberatungsstellen"; in jedem der 12 Bezirke existiert eine behördliche und eine ist freier Träger. In Baden-Württemberg wird diskutiert, ob diese Einrichtungen mit zeitgemäßen Aufgaben zu versehen und umzubenennen sind.