Nach der nicht nur vorübergehenden Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft (durch Scheidung oder durch Trennung von Tisch und Bett) verbleibt im Regelfall die elterliche Sorge bei beiden Eltern gemeinsam – es sei denn, eine der Parteien beantragt erfolgreich das alleinige Sorgerecht. Das Familiengericht gibt diesem Antrag statt, wenn der andere Elternteil zustimmt, es sei denn ein mindestens 14 Jahre altes Kind widerspricht oder in dem Falle, dass das Familiengericht die Übertragung der elterlichen Sorge auf den Antragssteller als dem Wohl des Kindes förderlich erachtet. Voraussetzung hierfür ist, dass die Eltern nicht in der Lage sind, gemeinsame Entscheidungen für das gemeinsame Kind zu treffen, weil sie z. B. zerstritten sind. Dann hat der Familienrichter zu entscheiden, welcher Elternteil die alleinige Sorge erhalten soll. Bei der Entscheidung zu berücksichtigen sind u. a. die Bindungen eines Kindes zu einem Elternteil, die sozialen Kontakte sowie eine möglichst umfassende Beibehaltung des Umfeldes des Kindes.
Steht den Eltern gemeinsam das Sorgerecht zu, so trifft dennoch derjenige Elternteil, bei dem sich das Kind mit Einwilligung des anderen Elternteils oder auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung aufhält, die Entscheidungen für das Kind in Angelegenheiten des täglichen Lebens (§ 1687 Abs.1 S. 2 BGB).[5]Als Angelegenheiten des täglichen Lebens gelten: Schulalltag, Anmeldung zu einem Nachhilfeunterricht oder Sportverein, Essensfragen, Fernsehkonsum, Kleidung, Umgang mit Freunden, Besuch von Sport- oder Kulturveranstaltungen, die gewöhnliche medizinische Versorgung, Taschengeld, Verwaltung üblicher Geldgeschenke durch Verwandte, Zustimmung nach § 110 BGB (Eigentumserwerb durch Verwendung von Taschengeld) und alle anderen häufig vorkommenden Situationen, die eine sorgerechtliche Entscheidung erfordern, deren Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes aber ohne Aufwand wieder abänderbar sind.
Das gemeinsame Sorgerecht findet nur noch Anwendung in Angelegenheiten, deren Regelungen für das Kind von erheblicher Bedeutung sind. Diese sind: Schulwechsel, Umschulung, Berufswahl, Wechsel des Kindes in ein Heim oder Internat, Taufe, schwere medizinische Eingriffe und Reisen kleiner Kinder in ihnen nicht vertraute Kulturkreise bei mehrstündigen Flügen.
Es ist auch möglich, dass den Eltern die elterliche Sorge teilweise zugesprochen wird (§ 1671 Abs.2 BGB). Dies betrifft die Personensorge, insbesondere das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge, das Erziehungsrecht, die Vermögenssorge, die Sorge in Ausbildungsangelegenheiten und die gesetzliche Vertretung.
Sorgerechtliche Befugnisse des Ehegatten
Derjenige, welcher selbst kein Elternteil aber Ehepartner eines Elternteils mit Sorgerecht ist (also Stiefelternteil), hat im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigen Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes (§ 1687b BGB). Bei Gefahr im Verzuge ist dieser Ehepartner berechtigt, alle für das Wohl des Kindes erforderlichen Rechtshandlungen vorzunehmen; der mit ihm verheiratete Elternteil ist unverzüglich zu unterrichten. Das Familiengericht kann die Befugnis des Ehepartners zur Mitentscheidung einschränken oder ausschließen.